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Quit Facebook

Facebook war nie mein digitaler Lieblingsort. Wenn ich dort geposted habe, dann nur als automatische Mitveröffentlichung meiner Posts bei Twitter. Gelegentlich hab ich mich zu einem Like hinreißen lassen, und noch gelegentlicher hab ich mich in sinnlose Diskussionen mit Rassisten, Neoliberalen oder bornierten Autofahrern verwickeln lassen. Facebook ist auch nicht der Ort irgendwelcher beruflichen Vernetzungen, auch da ist Twitter besser, oder auch LinkedIn. Aber Facebook ist halt das, wo der private Freundes- und Bekanntenkreis ist, und also ist man halt auch da.

Aber: der Aufenthalt dort ist immer unangenehm gewesen. Ich mag das Geschäftsgebaren von Facebook nicht. Ich mag das völlig altertümliche Design von Facebook nicht. Seit Facebook WhatsApp gekauft hat und seitdem klar ist, dass es zwischen diesen Diensten (fast möchte man sagen: natürlich) eine Datenweitergabe gibt, wird auch das Thema Datenschutz bei Facebook immer drängender. Ich hab in dem Kontext wieder wie ein Don Quichote bei meinen WhatsApp Kontakten für andere Messenger (Telegram, Wire, Threema, Signal…) geworben, aber das bringt vielleicht ein paar Freunde dazu, die mit ins digitale Arsenal aufzunehmen. WhatsApp (und damit Facebook) bleibt aber dominant und damit notwendig (wie ich da wegkommen soll, weiß ich auch noch nicht).

So richtig übel wird mir aber seit Pegida, AfD und Trump. Facebook ist eine politische Kloake geworden. Es ist nicht mehr möglich, in Kommentare von Posts außerhalb des Freundeskreises zu sehen, ohne dass einem schlecht wird und man an der Menschheit verzweifeln möchte. Eine Zeitlang dachte ich, dass das Waten und Blicken in diese Kloake letztlich notwendig ist, dass man dort sein muss, um Flagge zu zeigen, vielleicht auch um zu agitieren, zu überzeugen. Aber dem ist nicht so. Die Blasen bei Facebook sind nicht zu durchdringen, wer dort beleidigen, pöbeln, hetzen, hassen und Menschen bedrohen will, wird das tun. Er/Sie wird das tun, weil FB ein riesiger Resonanzboden für Unverstand und Unreflektiertheit ist, und weil sich zeigt, dass dieser Resonanzboden zunehmend in die politische Praxis wirkt. Ich weiß nicht, wie man das ändern soll. Facebook müsste natürlich erheblich mehr kontrollieren und sperren. Aber das ist letztlich auch nur der Kampf gegen die Hydra.

Jedenfalls hab ich persönlich schlicht keine Lust, Motivation und Zeit mehr, mich auf dieser Plattform aufzuhalten. Es ist Zeitverschwendung, es ist Unterstützung von gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen, die extrem gefährlich sind. Wir alle, die diese Entwicklungen aufhalten wollen, werden uns wieder in die knallharten politischen Auseinandersetzungen auf der Straße, in den persönlichen Gesprächen, in den Schulen und Kindergärten der Kinder, am Arbeitsplatz, in den Parteien, den Gewerkschaften, NGOs, beim Bäcker begeben müssen. Positioniert euch, zeigt euch, und zwar auch außerhalb eurer digitalen Blase.

Ich werde meinen Facebook-Account Ende der Woche löschen (wenn ihr alle diesen Post gelesen und geliked habt ;-). Natürlich ist einem dabei auch mulmig, und einige würden sowas vielleicht als digitalen oder sozialen Selbstmord empfinden. Ich empfinde es gerade eher als notwendige persönliche und politische Hygienemaßnahme.

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